Here comes the SUN” …

Prof. Dr. med. Uwe Pleyer

Gerne stim­men wir Sie auf eine erhol­sa­me Sommer­zeit ein. Aber Sie erin­nern sich sicher­lich:  SUN steht für „Stan­dar­di­z­a­ti­on of Uvei­tis Nome­n­cla­tu­re Working Group“. Diese Gruppe von Kolle­gen hatte zuletzt 2005 die inter­na­tio­na­le akzep­tier­te Eintei­lung der intrao­ku­la­ren Entzün­dung strikt und einfach nach anato­mi­schen Krite­ri­en (ante­rior, inter­me­di­är, poste­rior) einge­führt und damit einen welt­wei­ten Stan­dard gesetzt.

Nach länge­rer Pause folgt nun ein Pauken­schlag. Nicht weni­ger als 17 der häufigs­ten Uvei­tis­for­men werden heraus­ge­grif­fen und über einen Algo­rith­mus in eine Klas­si­fi­ka­ti­on über­führt. Für jedes einzel­ne Krank­heits­bild wurden zunächst Leit­be­fun­de von einem Exper­ten­kreis fest­ge­legt, in einem Daten­pool von mehre­ren 100 Uvei­ti­s­pa­ti­en­ten auf ihre Vali­di­tät geprüft und schluss­end­lich einer AI-Auswer­tung unter­wor­fen. Es resul­tiert ein Kata­log von 3–5 Leit­be­fun­den, der die einzel­nen Krank­heits­bil­der defi­niert. Da neben morpho­lo­gi­schen Befun­den auch Labor­er­geb­nis­se einge­hen, wird damit auch eine ziel­ge­rich­te­te Diagnos­tik geför­dert. In einer lesens­wer­ten Serie von Publi­ka­tio­nen im „Ameri­can Jour­nal of Ophthal­mo­lo­gy“ (April-Juni) werden die Ergeb­nis­se der Arbeits­grup­pe vorge­stellt. In der Auswahl der Uvei­tis­for­men finden sich nahezu alle klini­schen Enti­tä­ten. Einige davon, die häufig und für Sie rele­vant sind, seien an dieser Stelle herausgegriffen.

Die Fuchs-Uvei­tis betrifft etwa 2–3% aller intrao­ku­la­ren Entzün­dun­gen und wird seit der Erst­be­schrei­bung durch Ernst Fuchs (1906) als „Syndrom“ verstan­den – ein Termi­nus, der auch in der aktu­el­len SUN-Klas­si­fi­ka­ti­on so beibe­hal­ten wird. E. Fuchs hatte damals sein Augen­merk auf die Hete­ro­chro­mie gerich­tet und alle weite­ren klini­schen Beob­ach­tun­gen dem nach­ge­ord­net. In der aktu­el­len SUN Klas­si­fi­ka­ti­on wird die Hete­ro­chro­mie zwar noch berück­sich­tigt, aber den wesent­lich häufi­ge­ren Befun­den, wie unila­te­ra­lem Auftre­ten, wenig ausge­präg­tem Reiz­zu­stand, beglei­ten­der Glas­kör­per­ent­zün­dung etc. unter­ge­ord­net. Diese Beschrei­bung reicht sicher­lich aus, um dieses Krank­heits­bild von ande­ren Formen der „Irido­zy­kli­tis“ zu diffe­ren­zie­ren. Etwas verwun­dert es aller­dings, dass dabei weite­re Krite­ri­en uner­wähnt bleiben.

Es ist gut etabliert, das bei der Fuchs-Uvei­tis bereits früh­zei­tig intrao­ku­lar Anti­kör­per gegen Röteln nach­ge­wie­sen werden können – ein Befund, der erst­mals von C. Quen­tin aus Göttin­gen berich­tet wurde. Es ist vermut­lich der Tatsa­che geschul­det, dass die Anti­kör­per­be­stim­mung in den USA faktisch unbe­kannt ist und auch in Europa nicht aller­orts verfüg­bar ist. Früh und sicher die Diagno­se zu stel­len, ist wich­tig und von prak­ti­scher Bedeu­tung. Viele dieser Pati­en­ten weisen einen chro­ni­schen Verlauf auf und laufen Gefahr, länger­fris­tig mit Stero­iden oder gar Immun­sup­pres­si­va behan­delt zu werden. Diese haben sich hier als inef­fek­tiv und fehl am Platze erwie­sen und beein­flus­sen den Verlauf durch Kata­rakt und Glau­kom eher negativ.

Gerade den vira­len Infek­tio­nen als Ätio­lo­gie der ante­rio­ren Uvei­tis wurde in den letz­ten Jahren viel Aufmerk­sam­keit geschenkt. Vor allem bei streng unila­te­ra­lem, rezi­di­vie­ren­dem Auftre­ten wird rasch der Verdacht auf Viren der Herpes­fa­mi­lie gelenkt. Da intrao­ku­la­re HSV- und VZV-Infek­tio­nen gezielt anti­vi­ral behan­delt werden können, profi­tie­ren diese Pati­en­ten von einer früh­zei­ti­gen adäqua­ten Diagnos­tik. Auch hier hat die SUN Arbeits­grup­pe einen Krite­ri­en­ka­ta­log aufge­stellt. Klini­sche Leit­be­fun­de stehen wieder im Mittel­punkt. Ein sorg­fäl­ti­ger Blick z.B. auf Iris­ver­än­de­run­gen sowie der Ausschluss einer Betei­li­gung des hinte­ren Augen­ab­schnit­tes werden als Leit­kri­te­ri­en defi­niert. Als eine weite­re diagnos­ti­sche Säule wird der intrao­ku­la­re Nach­weis von HSV- oder VZV-DNA mittels PCR eingebracht.

Zusam­men­fas­send ist anzu­er­ken­nen, dass die SUN-Arbeits­grup­pe lesens- und wissens­wer­te Defi­ni­tio­nen für viele Krank­heits­bil­der vorge­ge­ben hat. Es ist ihr gelun­gen, klini­sche Krite­ri­en heraus­zu­stel­len, die eine praxis­re­le­van­te Unter­schei­dung der Entzün­dungs­for­men erlau­ben. Bei vielen Krank­heits­bil­dern wird gleich­zei­tig die Ätio­pa­tho­ge­ne­se hervor­ge­ho­ben und damit auch eine ziel­ge­rich­te­te (Labor-)Diagnostik gefördert.

Wir blei­ben bei intrao­ku­lä­ren Entzün­dun­gen. Bei allen Uvei­tis­for­men ist das zysto­ide Maku­la­ö­dem eine wesent­li­che, progno­se­be­stim­men­de Kompli­ka­ti­on. Durch die Opti­sche Kohä­renz­to­mo­gra­phie (OCT) haben sich Diagnos­tik und Verlaufs­be­ur­tei­lung des Maku­la­ö­dems deut­lich verein­facht. Längst werden morpho­lo­gi­sche Verän­de­run­gen im OCT als Biomar­ker heran­ge­zo­gen. Dies hat sich, beispiels­wei­se beim diabe­ti­schen Maku­la­ö­dem, gut etabliert. So sind die Ergeb­nis­se von Liu und Mitar­bei­tern nicht ganz über­ra­schend. Die Autoren kommen zu dem Ergeb­nis das DRILs als Marker für den Verlauf und die funk­tio­nel­le Progno­se des Ödems heran­ge­zo­gen werden können.

Werfen wir abschlie­ßend noch den Blick auf unsere jüngs­ten (Uveitis-)Patienten. Der Zusam­men­hang zwischen entzünd­li­chen Nieren­er­kran­kun­gen und intrao­ku­la­rer Entzün­dung wird in der aktu­el­len Arbeit von Rytkö­nen et al. behan­delt. In einer der bisher größ­ten Kohor­ten von Pati­en­ten mit TINU (Tubu­loin­ter­s­ti­ti­el­le Nephri­tis mit Uvei­tis) wurden die Lang­zeit­er­geb­nis­se beur­teilt und vor allem die Auswir­kun­gen bezüg­lich der Nieren­be­tei­li­gung betrach­tet. Erfreu­li­cher­wei­se können die Autoren darüber berich­ten, dass sich die Nieren­funk­ti­on bei ca. 80% der Kinder wieder norma­li­sier­te. Aller­dings waren länger­fris­ti­ge syste­mi­sche Behand­lun­gen und sorg­fäl­ti­ge Beob­ach­tung der Kinder notwen­dig. Rezi­di­ve der Nephri­tis nach Abset­zen syste­mi­scher Stero­ide, reno­vasku­lä­re Hyper­to­nie, die bis hin zum Nieren­ver­sa­gen und zur Trans­plan­ta­ti­on führ­ten, zeigen jedoch die weit­rei­chen­den Konse­quen­zen für diese Kinder. Übri­gens: Auch dieses Krank­heits­bild wurde in der SUN Arbeits­grup­pe aktu­ell charak­te­ri­siert und definiert.

Here comes the sun“ dieser Song entstand 1969, in einer für die Beat­les damals schwie­ri­gen Zeit. Am Ende wurde er doch zum erfolg­rei­chen „Hit“ und hat Jahr­zehn­te über­dau­ert – dies kann auch für die neuen SUN Klas­si­fi­ka­tio­nen erwar­tet werden.

Bleibt mir nur zu wünschen, dass auch Sie auf der Sonnen­sei­te bleiben.

In diesem Sinne wünschen ein ange­neh­mes Lese­ver­gnü­gen
Uwe Pleyer und das Team von Kompakt Ophthalmologie 

Aus rechtlichen Gründen (Heilmittelwerbegesetz) dürfen wir die Informationen nur an Fachkreise weitergeben.