Gezielter behandeln dank verbesserter Ursachenforschung

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wieder neigt sich ein ereignisreiches Jahr mit vielen Neuerungen dem Ende entgegen. Für uns ist es auch das erste erfolgreiche Jahr mit Kompakt Ophthalmologie als neue Weiterbildungsplattform im Internet. Neben vielen wichtigen therapeutischen Publikationen zeigte sich, dass die Prävalenz- und Ursachenforschung immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Werfen wir zum Beispiel einen Blick auf einige Veröffentlichungen der letzten Monate. So konnte eine Arbeitsgruppe aus Mainz um Fieß nachweisen, dass ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Geburtsgewicht und dem Auftreten einer altersabhängigen Makuladegeneration besteht. Diese Arbeit kann ein Hinweis darauf sein, wie bestimmte Ursachen für Alterserkrankungen den Ursprung schon in der frühen Jugend haben.
Sehr interessant sind auch die Ergebnisse einer aufwendigen Datenbankstudie mit über 100.000 Teilnehmern. Nach WHO-Daten leben über 90% der Weltbevölkerung in Gebieten mit einer erhöhten Feinstaubbelastung. Chua aus London untersuchte nun den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Glaukom. Es konnte gezeigt werden, dass in Gebieten mit erhöhter Feinstaubbelastung Patienten vermehrt eine Glaukomerkrankung angeben. Zusätzlich besteht auch ein Zusammenhang zwischen einer erhöhten Luftbelastung und einer Reduktion in der Ganglienzellschicht und der inneren plexiformen Schicht. Hier zeigt sich einmal mehr wie wichtig die Anstrengungen zur Verringerung der Luftverschmutzung nicht nur in ökologischer Hinsicht sind.
Dass wir unser Augenmerk bei Neurodermitis als Augenärzte auch immer zum Ausschluss eines Keratokonus auf die Hornhauttopographie legen müssen, war uns allen schon lange bewusst. Eine in „Cornea“ publizierte Studie zeigte nun auch einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Keratokonus und der Psoriasis. In ihrer Studie fanden Akcam et al. in einer Kohorte von 110 an Psoriasis erkrankten Personen in 26 Augen eine manifeste Pathologie und zweimal einen Keratokonusverdacht. Durch diese Information werden mit Sicherheit in Zukunft zahlreiche Keratokunsfälle früher detektiert und zum Wohle der Patienten einer Therapie zugeführt werden.
Interessant ist auch eine Studie aus Vancouver zur Assoziation von okulären Erkrankungen unter einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren. Diese monoklonalen Antikörper werden immuntherapeutisch genutzt in der Behandlung von Malignomen. Als augenärztliche Nebenwirkungen wurden insbesondere Trockenheit, Uveitis, okuläre Myasthenie und Augenentzündungen genannt. Unter Nivolumab waren die meisten Nebenwirkungen festgestellt worden, wobei die Myasthenie führend war. Unter Atezolizumab traten Augenentzündungen am häufigsten auf und unter Ipilimumab Uveitis. Für diese Analyse wurden 15 Jahre aus der Datenbank der amerikanische Arzneimittelbehörde analysiert, wobei die Reverse Events genauer in Augenschein genommen wurden. In diesem Beispiel zeigt sich, wie wichtig eine genaue Dokumentation in klinischen Studien ist und dass diese für weitere Fragestellungen essenziell sein kann!
Die Weihnachtszeit mit ihren vielen Lichtern und Kerzen bringt mich nun noch zu meinem weiteren Thema. Letzte Woche erhielt ich von einem glücklichen Patienten nach Multifokallinsenimplantation den Hinweis, dass im Morgenmagazin eher kritisch über diese Linsenform berichtet wurde. Ich kann diese für mich eher vorsintflutlichen Darstellungen nicht mehr verstehen, da wir täglich zufriedene Patienten nach refraktivem Linsenaustausch sehen. Insbesondere wird immer wieder negativ über Probleme mit Blendung und Halos im mesopischen Sehen berichtet. Natürlich kennen wir alle diese Probleme, insbesondere bei Trifokallinsen. Gerade daher würden wir ja auch nicht einem Berufskraftfahrer eine solche Linse empfehlen. Aber dies ist nicht die größte Gruppe unserer Patienten. Viele Patienten wohnen in Städten, pendeln kurz und arbeiten vollschichtig am Schreibtisch und PC. Diese Menschen können nach konsequenter Aufklärung und Ausschluss von Kontraindikationen sehr von den modernen trifokalen Linsen profitieren.
Mögliche Nebenwirkungen, die bei einem kleinen Patientenkollektiv wie den Berufskraftfahrern störend sein können, führen also immer noch dazu, dass eine Vielzahl von Menschen aufgrund fehlendem Wissen in der Ärzteschaft nicht von diesen effektiven neuen Linsentechnologien profitieren können. Es ist also wichtig, dass wir Ärzte uns immer weiter fortbilden und dadurch zum Wohle unserer Patienten neue, wirksame Errungenschaften wie zum Beispiel die multifokalen oder EDOF-Linsen objektiv einordnen und konsequent nach perfekter Selektion einer Vielzahl unserer Patienten anbieten.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Start in ein neues Jahr 2020.
Ihr Detlef Holland