COVID-19: Die Pande­mie bringt nicht nur Nega­ti­ves mit sich

Dr. Detlef Holland, Heraus­ge­ber „Surgi­cal“ © Nord­blick GmbH

Liebe Kolle­gin­nen und Kollegen!

Anders als erhofft sehen wir uns in Deutsch­land noch immer im Zeichen der Corona-Pande­mie. Auch wenn die Zunah­me der Kondens­strei­fen am Himmel ein Anzei­chen der Locke­rung des welt­wei­ten Lock­downs ist, so ist die Welt noch lange nicht in den alten Zustand zurück­ge­kehrt. Die Frage ist natür­lich auch, ob sie über­haupt jemals wieder so sein wird wie früher. Welche Unter­schie­de werden sich entwickeln?

Ganz augen­schein­lich werden die Reise­be­schrän­kun­gen sicher­lich einen Einfluss auf die inter­na­tio­na­le Kongress-Szene haben. Die WOC, die ASCRS und die ESCRS, um nur einige bekann­te Beispie­le zu nennen, sind alle abge­sagt. Es wird im Inter­net online alter­na­ti­ve Versio­nen dieser Kongres­se geben. Die ASCRS hat schon erfolg­reich vorge­macht, wie schnell ein hoch­klas­si­ger Kongress online umge­setzt werden kann. Auch haben in den Zeiten des Lock­down viele unter­schied­li­che natio­na­le und inter­na­tio­na­le Webi­na­re erfolg­reich statt­ge­fun­den. Am gerade zurück­lie­gen­den Pfingst­wo­chen­en­de fand zum Beispiel das World Webi­nar on Cata­ract and Refrac­ti­ve Surge­ry statt. Am ersten Tag waren bereits mehr als 8000 Teil­neh­mer bei dieser voll­kom­men neuar­ti­gen Veran­stal­tung ange­mel­det. Hier zeigt sich, wie flexi­bel der Mensch in Krisen­zei­ten reagiert und die Chan­cen für neue und erfolg­rei­che Ange­bo­te nutzt. Sicher­lich wird sich diese Art der Live-Fort­bil­dun­gen im Inter­net immer weiter ausbrei­ten und die tech­ni­schen Voraus­set­zun­gen in naher Zukunft die Orga­ni­sa­ti­on und Durch­füh­rung noch weiter erleich­tern. Hoch­ka­rä­ti­ge Vorträ­ge werden auf der ganzen Welt verfüg­bar werden und die anschlie­ßen­den Live-Diskus­sio­nen mit Fragen von Kolle­gen aus allen Ländern berei­chert werden. Die entste­hen­den Kosten sind dabei natür­lich viel gerin­ger als für einen realen Kongress – sowohl für die Veran­stal­ter als auch für die Teil­neh­mer. Der ökolo­gi­sche Fußab­druck wird natür­lich auch deut­lich posi­ti­ver ausfal­len. Tausen­de Teil­neh­mer müssen nicht aber­tau­sen­de von Flug­mei­len mit hohem CO2-Ausstoß auf sich nehmen, um an den Veran­stal­tungs­ort zu gelan­gen. Diese beiden Vortei­le werden sicher­lich eine grund­le­gen­de Verän­de­rung der Kongress­land­schaft nach der Pande­mie mit sich bringen.

Aber wollen wir in Zukunft ganz auf virtu­el­le Kongres­se umstel­len? Sicher nicht! Der Mensch ist ein sozia­les Wesen und ein inter­na­tio­na­ler Kongress, bei dem man augen­ärzt­li­che Freun­de aus der ganzen Welt trifft und neue kennen­lernt, ist einfach etwas ganz Beson­de­res. Die direk­te Fach­dis­kus­si­on von Ange­sicht zu Ange­sicht ist einfach nicht ersetz­bar. Auch der direk­te Kontakt zur Indus­trie ist auf einem virtu­el­len Kongress nicht möglich. Ich erin­ne­re mich noch gut an eine ASCRS in Detroit als ich das erste Mal auf einem Messe­stand einen FEMTO-Laser zur Kata­rakt-Chir­ur­gie gese­hen habe. Die anschlie­ßen­den Gesprä­che dort mit unter­schied­li­chen Kolle­gen haben mein Inter­es­se an dieser Tech­no­lo­gie schon früh geweckt und eine früh­zei­ti­ge Einfüh­rung zur Folge gehabt. Jeder wird vergleich­ba­re Erin­ne­run­gen an Kongres­se und gut den Moti­va­ti­ons­schub im Gedächt­nis haben, mit dem man in seinen eige­nen klini­schen Alltag zurückkehrt.

Tele­me­di­zin ist ein ande­rer großer Bereich, welcher sich auch in den Zeiten von für Pati­en­ten geschlos­se­nen Klini­ken auch in der Augen­heil­kun­de verbrei­tet hat. Zahl­rei­che Appli­ka­tio­nen stehen hierzu für Smart­pho­nes bereit und ermög­li­chen verschie­de­ne funk­tio­nel­le Test. So ermög­licht z.B. Smart Optomo­try 15 verschie­de­nen Unter­su­chun­gen von Sehschär­fe über Farb­se­hen oder Kontrast­vi­sus bis hin zu Scho­ber- und Amsler-Test. 9Gaze ermög­licht eine Online-Moti­li­täts­ana­ly­se, um noch eine andere span­nen­de Anwen­dung zu nennen. Gerade in pädia­tri­schen Fällen kann hier die Tele­me­di­zin helfen, um eine Ambly­o­pie­t­he­ra­pie auch in Krisen­zei­ten durch­zu­füh­ren. Als Inter­face zwischen Pati­ent und Arzt wurden im Ausland in dieser Krisen­zeit einfach Face­Time oder Whats­App benutzt. In Deutsch­land wären hier sicher­lich Daten­schutz­fra­gen zu beach­ten, was in einer akuten Krise ja aber, wie gese­hen, eher in den Hinter­grund tritt. Sicher­lich werden wir den größ­ten Teil unser Konsul­ta­tio­nen auch in Zukunft wieder als norma­le Unter­su­chun­gen in unse­ren Praxen durch­füh­ren. Falls einmal eine neue Pande­mie auf uns zu kommt, werden solche tele­me­di­zi­ni­schen Hilfen aber sicher schnell in einem Notfall­plan zu akti­vie­ren sein, um so die Versor­gung der Pati­en­ten, aber auch die wirt­schaft­li­che Trag­fä­hig­keit unse­rer  Praxen zu erhalten.

Hygie­ne­stan­dards in unse­ren Praxen werden in Zukunft sicher­lich einen noch höhe­ren Level haben, als sie sie ohne­hin schon aufwei­sen. Alther­ge­brach­te Gewohn­hei­ten sind zu über­den­ken. So werde ich in Zukunft auf den Hand­schlag bei jedem Pati­en­ten verzich­ten. Eine herz­li­che Kontakt­auf­nah­me wird in Zukunft auf einen norma­len Gruß ohne Berüh­rung redu­ziert werden, um mögli­che Infek­ti­ons­quel­len zu redu­zie­ren. Auch sollte in allen Praxen die Möglich­keit einer berüh­rungs­frei­en Tempe­ra­tur­mes­sung vorhan­den sein, um im Zwei­fels­fall erkrank­te Pati­en­ten schnel­ler zu detek­tie­ren. Dies schafft Sicher­heit für unsere Pati­en­ten und unser Perso­nal. Im Falle von Corona werden mögli­cher­wei­se auch schon bald Schnell­tests wie z.B. der Breat­ha­ly­zer-Test aus Israel bereit­ste­hen. Dieser Test ermög­licht es, Viren in Echt­zeit in der Atem­luft zu erken­nen. Solche Tests werden das Vorge­hen in erneu­ten Pande­mie­zei­ten sicher maßgeb­lich beeinflussen.

Das Stich­wort Test soll uns zum Abschluss noch zu einer inter­es­san­ten Arbeit aus dem Bereich Glau­kom in der aktu­el­len Ausga­be von Kompakt Ophthal­mo­lo­gie und damit zur bereits geleb­ten Online-Fort­bil­dung brin­gen. Im „Ameri­can Jour­nal of Ophthal­mo­lo­gy“ berich­ten Jammal et al. über unter­schied­li­che Progres­si­ons­vor­her­sa­gen in einer großen Kohor­te von Glau­kom­pa­ti­en­ten, die mittels Stan­dard-Peri­me­trie und SD-OCT im Verlauf unter­sucht wurden. 6183 Augen wurden in die Analy­se einbe­zo­gen. Die meis­ten Augen, die durch SD-OCT als rasch fort­schrei­tend einge­stuft wurden, wurden durch Peri­me­trie als lang­sam fort­schrei­tend einge­stuft und umge­kehrt. Daraus folgern die Autoren, dass sowohl struk­tu­rel­le als auch funk­tio­nel­le Unter­su­chun­gen nach wie vor paral­lel ihre Bedeu­tung in der Glau­kom­dia­gnos­tik haben und zur Sicher­heit der Pati­en­ten durch­ge­führt werden sollten.

Schau­en Sie für weite­re span­nen­de neue Forschungs­er­geb­nis­se auf Kompakt Ophthal­mo­lo­gie vorbei.

Und blei­ben Sie posi­tiv gestimmt. Wie wir gese­hen haben, bringt die Corona-Krise nicht nur Nega­ti­ves mit sich.

Mit freund­li­chen Grüßen

Dr. Detlef Holland

Aus rechtlichen Gründen (Heilmittelwerbegesetz) dürfen wir die Informationen nur an Fachkreise weitergeben.