LÖWEN (Biermann) – Bei dem mittleren arteriellen Blutdruck (MAD) handelt es sich um den durchschnittlichen – unabhängig von systolischen und diastolischen Schwankungen – im Gefäßsystem herrschenden Mittelwert des hydrodynamischen Blutdrucks (Norm: 70–105 mmHg). Eine aktuelle Studie hat nun gezeigt, dass sich eine hohe Variabilität und extreme Hypotonie-Peaks des MAD tagsüber sowie persistierende nächtliche Hypotoniephasen als Risikofaktoren für eine Progression bei Patienten mit einem primären Offenwinkelglaukom (POWG) erweisen.
In ihre retrospektive Longitudinalstudie schlossen die Wissenschaftler 110 Patienten mit einem POWG ein, bei denen 24-Stunden-Blutdruckmessungen über eine mediane Beobachtungszeit von 9 Jahren vorlagen. Die Arbeitsgruppe legte als Endpunkte die funktionelle (mittlere Abweichung [MD] im Gesichtsfeld) und strukturelle (Cup-Disc-Ratio; [CDR]) Progression fest. Die Forschenden berechneten die vom Mittelwert unabhängige MAD-Variabilität (VIMmap) am Tag und in der Nacht, definierten Dips als die 5 niedrigsten MAD-Abfälle tagsüber bzw. die 3 niedrigsten nachts und kalkulierten die Nacht-zu-Tag-Ratio. Zusätzlich evaluierten sie mithilfe von gemischten Modellen die Progression der Gesichtsfelddefekte und der CDR im Zusammenhang mit den MAD-Befunden am Tag und in der Nacht.
Die Forscher ermittelten, dass die funktionelle Progression mit der VIMmap (-2,57 dB Verschlechterung der MD pro 3 mmHg Anstieg der VIMmap; p<0,001) sowie mit den MAD-Dips tagsüber (MD-Verschlechterung zwischen ‑2,56 bis ‑3,19 dB; p<0,001) assoziiert war. Des Weiteren war jeder Abfall des MAD um 5 mmHg in der Nacht mit einer MD-Verschlechterung um ‑1,14 dB (95%-KI ‑1,90 bis ‑0,40) sowie einer Vergrößerung der CDR um 0,01 (95%-KI 0,01–0,02) verbunden. Zudem beobachteten die Experten, dass eine niedrige Nacht-zu-Tag-Ratio mit beiden Endpunkten assoziiert war (p≤0,012).
Die Autoren empfehlen zur Ursachendetektion einer ungewöhnlich schnellen Progression bei diesem Patientenkollektiv 24-Stunden-MAD-Messungen durchzuführen.
(tt)