Am Ball blei­ben! …                                                                  

 

Prof. Dr. med. Uwe Pleyer

… lautet die Losung dieser Tage. Konstan­te Leis­tung, klare Entschei­dun­gen und über­zeu­gen­de Tech­nik zeich­nen nicht nur sport­li­che Wett­be­wer­be aus. Und es gilt immer besser zu werden – auch für uns …

In diesem Sinne begrü­ße ich Sie, liebe Lese­rin­nen und  Leser von Kompakt Ophthalmologie!

Aktu­el­le Ergeb­nis­se zeigen, dass die Weiter­wick­lung von ChatGPT von 3.5 zu 4o auch im Bereich der visu­el­len Muster­er­ken­nung immer besse­re Ergeb­nis­se bietet. Dies wurde kürz­lich in „Cornea“ für die Diffe­ren­zi­al­dia­gno­se von Horn­haut­er­kran­kun­gen unter Beweis gestellt. Bei zufäl­lig ausge­wähl­ten Horn­haut­be­fun­den, verur­sacht durch Infek­ti­on, Dystro­phie oder Dege­ne­ra­ti­on, konnte ein bemer­kens­wert gutes Ergeb­nis erzielt werden.  Die Diagno­se zu den klini­schen Befun­den wurde bei 85% der Fall­bei­spie­le korrekt gestellt: ein Ergeb­nis, das nur knapp hinter der Beur­tei­lung durch mehre­re inter­na­tio­na­le Exper­ten lag. Mit GPT-4o („o“ für „omni“) wird die zunächst leis­tungs­fä­higs­te Versi­on der bereits seit 2015 von Elon Musk initi­ier­ten Künst­li­chen Intel­li­genz (KI) verwen­det. Aufgrund enor­mer Rechen­leis­tung erfolgt nahezu in Echt­zeit der Zugriff auf 15 Mrd. Daten­sät­ze und schließt nun auch visu­el­le Infor­ma­tio­nen ein.

Ob GPT-4o die Diffe­ren­zi­al­dia­gno­se zwischen einer Akant­ha­mö­ben­ke­ra­ti­tis (AKK) und ande­ren Horn­haut­in­fek­tio­nen stets gelingt, bleibt speku­la­tiv. Die AKK stellt weiter­hin eine beson­de­re Heraus­for­de­rung dar. Einer prospek­ti­ven, bevöl­ke­rungs­ba­sier­ten Studie zufol­ge steigt die Inzi­denz in eini­gen Ländern weiter an. Daher sollte sie bei jeder Kontakt­lin­sen-asso­zi­ier­ten Kera­ti­tis stets in Betracht gezo­gen werden, vor allem wenn Monats­lin­sen „im Spiel“ sind. Dies unter­strei­chen erneut die Beob­ach­tun­gen von Jasim H et al., die ein etwa 7‑mal höhe­res Risiko für diesen Linsen­typ  gegen­über Tages­lin­sen berich­ten. Aus nahezu allen bishe­ri­gen Beob­ach­tun­gen zur AKK geht ein kriti­sches Zeit­fens­ter von ca. 2 Wochen hervor. Wird dieser Zeit­raum zwischen ersten Sympto­men und Diagno­se der Infek­ti­on über­schrit­ten, müssen schwe­re Verläu­fe mit Lang­zeit­fol­gen erwar­tet werden. Dies zeigen die Ergeb­nis­se von Vila­res-Morgado R et al. Zudem beob­ach­te­ten die Kolle­gen einen güns­ti­gen Effekt, wenn früh­zei­tig eine Abra­sio des Horn­haut­epi­thels erfolg­te. Dies ist ohne­hin oft notwen­dig, um ausrei­chend Mate­ri­al für den Erre­ger­nach­weis mittels PCR zu gewin­nen. Pati­en­ten mit initia­lem Epithel­de­bri­de­ment wiesen im Lang­zeit­ver­lauf ein signi­fi­kant besse­res funk­tio­nel­les Ergeb­nis auf. 

Spie­len wir den Ball nach vorne – „Goal“ ist es, die AKK nicht nur früh­zei­tig zu erken­nen, sondern sie auch effek­tiv zu thera­pie­ren. Bisher liegen nur wenige prospek­ti­ve Thera­pie­stu­di­en zur AKK vor. Einen echten Durch­bruch bietet daher die kürz­lich in „Ophthal­mo­lo­gy“ erschie­ne­ne prospek­tiv rando­mi­sier­te Phase-III-Studie. Hier wurde die bislang weit verbrei­te­te, inten­si­ve Behand­lung mit topi­schem Poli­he­xa­nid 0,02% in Kombi­na­ti­on mit Propa­mi­din 0,1%  mit einer 4‑fach erhöh­ten Mono­the­ra­pie (Poli­he­xa­nid 0,08% und Place­bo) vergli­chen. In den ersten 5 Tagen wurde stünd­lich getropft (16x/d) dann 6x/d für 4–6 Wochen. Nach 12 Mona­ten lag sowohl bezgl. des primä­ren Endpunk­tes (klini­sche Heilungs­ra­te) als auch der sekun­dä­ren Endpunk­te (best­kor­ri­gier­te Sehschär­fe und Kompli­ka­tio­nen) kein signi­fi­kan­ter Unter­schied zwischen beiden Behand­lungs­grup­pen vor. John Dart (London) als Leiter der klini­schen Studie war beein­druckt von der sehr hohen und rela­tiv raschen klini­schen Auflö­sungs­ra­te der proble­ma­ti­schen Infek­ti­on. Die Erkennt­nis „hit hard and early“ bewahr­hei­tet sich wieder. Inzwi­schen haben EMA und FDA für Akan­ti­or® (Poli­he­xa­nid 0,08 %) einen Orphan-Drug-Desi­gna­ti­on-Status erteilt. Es gilt als sehr wahr­schein­lich das damit noch in diesem Jahr das erste zuge­las­se­ne Medi­ka­ment zur Thera­pie der AKK welt­weit zur Verfü­gung steht.  Gleich­zei­tig wird uns damit zum ersten Mal ein klar defi­nier­tes Behand­lungs­pro­to­koll für diese Kera­ti­tis an die Hand gegeben.

Ein langer Atem ist nicht nur im Sport notwen­dig. Während die AKK wegen ihres chro­ni­schen Verlau­fes gefürch­tet wird, unter­schät­zen wir oft die lang­fris­ti­gen Proble­me der sehr viel häufi­ge­ren Kera­ti­tis im Rahmen des Zoster ophthal­mi­cus. In der aktu­el­len Ausga­be des „AJO“ präsen­tie­ren Scott und seine neusee­län­di­schen Mitar­bei­ter ihre Beob­ach­tun­gen. Die beein­dru­cken­de Zahl von mehr als 860 Pati­en­ten konnte über einen langen Zeit­raum (Median: ca. 6,3 Jahre) nach­be­ob­ach­tet werden. Im Mittel­punkt ihrer Analy­se stand die Rück­fall­nei­gung. Bei ca. jedem 4. Pati­en­ten traten Rezi­di­ve auf, über­wie­gend in Beglei­tung einer intraoku­la­ren Entzün­dung. Ebenso über­rasch­te, dass diese Reak­ti­vie­run­gen oft früh­zei­tig, bereits 3–4 Monate nach der Akut­in­fek­ti­on auftraten.

Die enorme Zahl an Pati­en­ten erlaub­te es den Autoren eine subti­le Subana­ly­se der klini­schen Risi­ko­fak­to­ren durch­zu­füh­ren. Sie konn­ten eine hoch­si­gni­fi­kan­te Korre­la­ti­on (p=0,001) zu hohem Intraoku­lar­druck, Horn­hau­tendo­thel­be­tei­li­gung und intraoku­la­rer Entzün­dung bei der 1. Mani­fes­ta­ti­on herstel­len. Mit der Zahl der Rezi­di­ve ging eine zuneh­men­de Visus­min­de­rung einher. Damit stellt sich die Frage, ob eine länger­fris­ti­ge anti­vi­ra­le Sekun­där­prä­ven­ti­on sinn­voll ist? Der Nutzen für die Herpes-simplex-Virus­in­fek­ti­on ist durch die HEDS-Studie (Herpe­tic Eye Dise­a­se Study) gut etabliert. Für den Herpes Zoster ophthal­mi­cus besteht dage­gen bisher kein Konsens.  Aufschluss dazu soll die ZEDS-Studie (Zoster Eye Dise­a­se Study) bieten. Ähnlich zur HEDS-Studie wird hier aktu­ell geprüft, ob eine nied­rig dosier­te Lang­zeit­be­hand­lung (Vala­ci­clo­vir 1000 mg/d) für 12 Monate einen Vorteil bietet. Wir verspre­chen, mit Kompakt Ophthal­mo­lo­gie auch hier „am Ball zu blei­ben“ und sind gespannt.

Und natür­lich blei­ben wir auch ander­wei­tig erwar­tungs­froh – viel­leicht „Wiertz ja was“…

In diesem Sinne grüßt Sie das Team von Kompakt Ophthalmologie,

Ihr Uwe Pleyer

 

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