PALO ALTO (Biermann) – In einer aktuellen Studie wurden die Auswirkungen einer Behandlung mit Anti-VEGF auf die Entwicklung der proliferativen diabetischen Retinopathie (PDR) bei Patienten mit nicht-proliferativer diabetischer Retinopathie (NPDR) in der klinischen Praxis in den USA untersucht.
Die Wissenschaftler werteten in einer retrospektiven Analyse elektronische Krankenakten (Vestrum Health; Jan 13 bis Juni 19) aus, in denen Angaben zu Augen mit NPDR zu Beginn der Behandlung, ohne Diabetisches Makulaödem (DMÖ) und ohne Anti-VEGF-Behandlung zum Zeitpunkt der Diagnose der DR gemacht wurden. Augen, die im Verlauf der Studie vor der Entwicklung einer PDR eine Anti-VEGF- und/oder Laserbehandlung erhielten, bildeten die behandelte Kohorte. Die übrigen Augen, einschließlich der mit Laser behandelten, stellten die Anti-VEGF-naive Kohorte. Die Überlebensanalyse mittels Kaplan-Meier-Methode bewertete die Zeit bis zur Entwicklung von DMÖ und PDR nach dem Schweregrad der NPDR zu Studienbeginn, wobei die Anti-VEGF-Behandlung als Zensurvariable diente. Die Studienautoren analysierten die Ausgangsfaktoren, die die Entwicklung von PDR beeinflussen, mittels multivariabler Cox-Regression, wobei die Anti-VEGF-Behandlung zensiert wurde.
Die Forscher ermittelten unter den Anti-VEGF-naiven Augen eine kumulative Inzidenz von DMÖ bei Augen mit leichter (n = 70.050), mäßiger (n = 39.116) und schwerer NPDR (n = 10.692) bei Studienbeginn von 27,1 %, 51,2 % und 60,6 %. Eine multivariable Regressionsanalyse ergab, dass der Schweregrad der NPDR zu Beginn der Studie der signifikanteste Prädiktor für die Entwicklung einer PDR über 48 Monate war (Hazard Ratio [HR] [95 % Konfidenzintervall {CI}] von 2,69 (2,65–2,72) für mäßige gegenüber leichten NPDR und 6,51 (6,47–6,55) für schwere gegenüber leichten NPDR). Für die kumulative Inzidenz (95 % CI) von PDR eruierten die Experten über 48 Monate bei Augen mit leichter 7,9 % (7,4 %-8,3 %), mittlerer 20,9 % (20,0 %-21,7 %) und schwerer 46,8 % (44,4 %-49,2 %) NPDR zu Studienbeginn. Unter den behandelten Augen mit schwerer NPDR zu Beginn der Studie betrug die kumulative Inzidenz von PDR nach 48 Monaten 50,1 % bei den mit Laser behandelten Augen (n = 546; HR [95% CI] vs. keine Behandlung: 0,8 [0,7–1,0]), 27. 4% bei Augen, die mit Anti-VEGF behandelt wurden (n = 923; HR [95% CI]: 0,4 [0,4–0,5]), und 25,6% bei Augen, die mit Anti-VEGF plus Laser behandelt wurden (n = 293; HR [95% CI]: 0,5 [0,4–0,7]), verglichen mit 49,9 % bei Augen ohne Behandlung (n = 8930).
Die Studienautoren kamen zu dem Schluss, dass die DMÖ- und PDR-Progressionsraten mit zunehmendem Ausgangsschweregrad der NPDR anstiegen. Ungefähr die Hälfte der Anti-VEGF-naiven Augen mit schwerer NPDR entwickelte sich in der klinischen Praxis in den USA innerhalb von 4 Jahren zu PDR. Des Weiteren zeigten die Autoren, dass die Progressionsrate von schwerer NPDR zu PDR mit Anti-VEGF im Vergleich zu keiner Behandlung etwa halbiert werden konnte.
(sas)