TOKIO (Biermann) – In einer japanischen retrospektiven Kohortenstudie war im Winter der Augeninnendruck (IOP) sowohl bei gesunden als auch bei Augen mit primärem Offenwinkelglaukom (POAG) höher als im Sommer. Der vorübergehende Rückgang des Augeninnendrucks im Sommer, anstelle eines konstanten Augeninnendrucks während des ganzen Jahres, könnte eine Glaukomprogression verhindern, mutmaßen die Studienautoren.
Zur Erkennung saisonaler IOP-Schwankungen und zur Bewertung, ob diese saisonalen Schwankungen die Ausdünnung der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL) bei Augen mit POAG beeinflussen, schlossen die Ophthalmologen gesunde Probanden sowie POAG-Patienten, die nur topische Medikamente verwendeten, in die Beobachtungsstudie ein.
Mit der Kaplan-Meier-Überlebensanalyse wurden die kumulativen Inzidenzwahrscheinlichkeiten der RNFL-Ausdünnung zwischen verschiedenen saisonalen IOD-Fluktuationsgruppen verglichen. Mittels Cox-Regression mit Anpassungen für potenzielle Störfaktoren wurde der Zusammenhang zwischen saisonalen Schwankungen des IOP und der RNFL-Ausdünnung bewertet. Zielparameter der Untersuchung waren die IOP-Fluktuationsrate, berechnet aus Winter- und Sommer-IOPs sowie die RNFL-Ausdünnung, bestimmt durch die ereignisbasierte Analyse mit hochauflösender optischer Kohärenztomographie (OCT).
Insgesamt 12.686 gesunde Augen und 179 Augen von 179 POAG-Patienten zeigten im Winter einen signifikant höheren Augeninnendruck als im Sommer (normal 13,2 ±3,0 vs. 12,5 ±2,9 mmHg, p<0,001; POAG 13,1 ±2,7 vs. 11,8 ±2,3 mmHg, p<0,001). Bei Patienten mit POAG betrug das Durchschnittsalter bei der ersten OCT 55,1 ±11,7 Jahre und die Nachbeobachtungsdauer 98,4 ±26,4 Monate. Die mittlere Abweichung (MD) beim ersten Besuch, die MD-Steigung und die RNFL-Ausdünnungsrate betrugen –2,2 ±3,4 dB, –0,07 ±0,44 dB/Jahr bzw. –0,44 ±0,88 μm/Jahr.
Während des Untersuchungszeitraums waren 85 Augen (47,5%) von einer Progression der RNFL-Ausdünnung betroffen. Die Kaplan-Meier-Analyse zeigte, dass eine hohe saisonale IOP-Fluktuationsrate die RNFL-Ausdünnung signifikant unterdrückte (p<0,05 nach Log-Rank-Test). Nach Bereinigung um Störfaktoren in der Cox-Analyse zeigte die saisonale IOP-Fluktuationsrate immer noch einen signifikant negativen Zusammenhang mit der RNFL-Ausdünnung (Hazard Ratio, 0,98; 95%-Konfidenzintervall 0,96–0,99, p=0,005).
(isch)