ERLANGEN (Biermann) – Bei Glaukompatienten kommt es trotz einer wirksamen Senkung des Augeninnendruckes (IOD) häufig zu einer Progression. Eine aktuelle Studie mit Real-Life-Daten hat nun gezeigt, dass die Elekrostimulation des Sehnervs (ONS) eine geeignete adjuvante Therapieoption darstellt, die durch ihre neuroregenerative und neuroprotektive Wirkung einer Progression entgegenwirken kann.
Die Wissenschaftler schlossen 70 Glaukompatienten (Alter 45–86 Jahre; 101 Augen) mit einem progredienten Sehverlust unter IOD-senkender, kontrollierter Therapie in ihre retrospektive Studie ein, bei denen ein Therapiezyklus mit ONS in den Augenambulanzen in Berlin, Hannover, Ahaus, Neu-Ulm und München erfolgte.
Alle Augen wurden separat mithilfe von Wechselstromimpulsen über eine Brille mit eingebetteten supra- und infraorbitalen Elektroden (Reizintensität ≤1,2 mA) bis zum individuellen Phosphen-Schwellenwert stimuliert, und EEG-Signale zusätzlich über eine Elektrodenkappe aufgezeichnet.
Ein Zyklus umfasste 1 Sitzung (ca. 80 Minuten) täglich an 10 aufeinanderfolgenden Tagen. Die Arbeitsgruppe überprüfte die Daten zum Sehverlust (statische Schwellen-Perimetrie in den zentralen 30°; erforderlicher Reliabilitätsfaktor ≤20%) vor der ONS (PRE) und verglich diese mit den Ergebnissen nach 1 Jahr (POST; mittlere Follow-up-Zeit 362,2 Tage).
Die Gruppe legte als primären Endpunkt die mittlere Abweichung im Gesichtsfeld (MD; Index für globalen Glaukomschaden) fest.
Die Forscher ermittelten, dass sich die mediane MD insgesamt von PRE 14,0 dB auf POST 13,4 dB signifikant verringerte (p<0,01). Darüber hinaus beobachteten die Glaukomspezialisten, dass 64 Augen von 49 Patienten (63,4%) eine konstante oder verbesserte (reduzierte) mediane MD aufwiesen (PRE 13,4 dB vs. POST 11,2 dB; p<0,001), während sich die MD bei 37 Augen von 30 Patienten (36,6%) verschlechterte (PRE 14,9 dB vs. POST 15,6 dB; p<0,001).
Laut den Autoren dokumentieren die vorliegenden Langzeitdaten, dass ein Stillstand der Progression bei >63% der Augen nach ONS erreicht wurde, und somit die vorhandene Evidenz bislang durchgeführter Studien erweitert werden konnte.
(tt)