BONN (Biermann) Die Assoziation von Lesevisus und Lesegeschwindigkeit mit funktionellen und morphologischen Biomarkern stützt die Eignung der Leseleistung als aussagekräftigen Endpunkt klinischer Studien. Dies schreiben die Autoren einer aktuellen Studie.
Die Wissenschaftler nahmen 85 Patienten (150 Augen; medianes Alter 77,9 Jahre [Bereich 72,4–82,1]; 60% Frauen, 40% Männer) mit geographischer Atrophie (GA), die sich im Universitätsklinikum Bonn im Zeitraum Juni 2013 bis Juni 2016 vorstellten, in die nicht interventionelle, prospektive Verlaufsstudie (Directional Spread in Geographic Atrophy Study) auf (Analysezeitraum Dezember 2019 bis Januar 2021).
Mithilfe der Radner-Lesetafeln bewertete die Arbeitsgruppe den Lesevisus und die Lesegeschwindigkeit, analysierte die GA halbautomatisch mittels longitudinaler Fundus-Autofluoreszenz- und Infrarotreflexionsaufnahmen und extrahierte formdeskriptive Variablen. Um die Assoziation dieser Variablen mit der Lesefähigkeit zu untersuchen, verwendete sie lineare gemischte Modelle.
Die Forscher ermittelten, dass die Lesefähigkeit mit einem medianen monokularen Lesevisus von 0,9 (0,4–1,3) logRAD sowie einer Lesegeschwindigkeit von 52,8 (0–123) w/min beeinträchtigt war. In der multivariablen Querschnittsanalyse zeigten der bestkorrigierte Visus (BCVA), die Fläche der GA im zentralen ETDRS-Teilfeld, die Klassifikation der nichtzentralen- vs. zentral-involvierenden GA sowie die Fläche der GA im inneren rechten ETDRS-Teilfeld die stärksten Assoziationen mit dem Lesevisus (kreuzvalidiertes R2 für Lesevisus=0,69).
Darüber hinaus stellten die Experten fest, dass sich hinsichtlich der Lesegeschwindigkeit als die relevantesten Variablen der BCVA, der Visus bei geringer Leuchtdichte, die Fläche der GA im zentralen, im inneren rechten sowie inneren oberen ETDRS-Teilfeld darstellten (R2 für Lesegeschwindigkeit=0,67). In der longitudinalen Analyse fanden sie eine ähnliche Vorhersagegenauigkeit für die Lesefähigkeit (R2 für Lesevisus=0,73; R2 für Lesegeschwindigkeit=0,70).
Die Vorhersagegenauigkeit verbesserte sich nicht nach Aufnahme der Nachbeobachtungszeit als unabhängige Variable. Ebenso unterschied sich die binokulare Leseleistung nicht von der des besseren Auges.
Die Autoren betonen abschließend, dass sich die Versorgung sehbeeinträchtigter Patienten primär auf das besser sehende Auge konzentrieren sollte.
(tt)