BOSTON (Biermann) – Es ist bekannt, dass genetische Varianten, die mit dem primären Offenwinkelglaukom (POWG) assoziiert sind, das Krankheitsrisiko beeinflussen. Die klinische Wirkung von assoziierten Varianten einzeln oder insgesamt ist jedoch nicht bekannt. Genetische Risikobewertungen (GRS) untersuchen die kumulative genetische Belastung, indem sie einzelne genetische Varianten zu einem einzigen Maß zusammenfassen. Es wird angenommen, dass dies eine größere Wirkung hat und die Fähigkeit zur Erkennung relevanter krankheitsbedingter Assoziationen erhöht.
Ein US-amerikanisches Forscherteam hat nun herausgefunden, dass eine höhere Dosis von POWG-Risiko-Allelen mit einem früheren Alter bei der Diagnose eines Glaukoms assoziiert ist. Im Durchschnitt hatten Personen mit POWG mit der höchsten GRS ein um 5,2 Jahre früheren Zeitpunkt der Krankheitsdiagnose. Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine GRS, die mit POWG assoziierte genetische Varianten enthält, dazu beitragen könnte, Patienten mit einem Risiko für einen früheren Krankheitsbeginn zu identifizieren, was das Screening und therapeutische Strategien beeinflusst.
Die Querschnittstudie umfasste Personen mit POWG und Kontrollen aus der Glaucoma-Genes-and-Environment(GLAUGEN)-Studie und der National-Eye-Institute-Glaucoma-Human-Genetics-Collaboration(NEIGHBOUR)-Studie. Die Datenerhebung begann im August 2012 für die NEIGHBOR-Kohorte und im Juli 2008 für die GLAUGEN-Kohorte. Ab März 2018 erfolgte die Analyse.
Die GLAUGEN-Studie umfasste 976 Personen mit POWG und 1140 Kontrollen. Die NEIGHBOR-Studie umfasste 2132 Personen mit POWG und 2290 Kontrollen. Bei Personen mit POWG betrug das mittlere (SD) Alter bei Diagnose 63,6 (9,8) Jahre in der GLAUGEN-Kohorte und 66,0 (13,7) Jahre in der NEIGHBOR-Kohorte. Bei den Kontrollpersonen betrug das mittlere Alter bei Aufnahme 65,5 (9,2) Jahre in der GLAUGEN-Kohorte und 68,9 (11,4) Jahre in der NEIGHBOR-Kohorte.
Die GRS war in der Fall-Kontroll-Analyse stark mit einem POWG-Risiko assoziiert (Odds Ratio pro 1‑Punkt-Anstieg des Scores =1,24; 95%-Konfidenzintervall [KI], 1,21–1,27; p=3,4×10–66). In reinen Fallanalysen war jede höhere GRS-Einheit zum Zeitpunkt der Diagnose mit einem 0,36 Jahre früheren Alter assoziiert (β=–0,36; 95%-KI –0,56 bis –0,16; p=4,0×10–4). Personen in den oberen 5% der GRS waren bei Diagnose 5,2 (12,8) Jahre jünger als diejenigen in den unteren 5% der GRS (61,4 [12,7] vs. 66,6 [12,9] Jahre; p=5,0×10–4).
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