DEN HAAG (Biermann) — Aufgrund neurophysiologischer und klinischer Studien zur Plastizität des visuellen Systems Erwachsener erscheint das bisher bestehende Alterslimit für eine Amblyopietherapie inzwischen zumindest diskussionswürdig. Allerdings war bisher ungeklärt, welchen Effekt eine späte Amblyopietherapie bei Erwachsenen haben könnte.
In die folgende prospektive Studie wurden insgesamt 24 Patienten eingeschlossen. Alle Patienten wurden zunächst ausführlich ophthalmologisch und orthoptisch untersucht. Bei Notwendigkeit einer Refraktionskorrektur erfolgte eine entsprechende Versorgung. Alle Patienten unterzogen sich einer Okklusionsbehandlung für drei Stunden pro Tag über einen Zeitraum von 18 Wochen.
Das durchschnittliche Alter der eingeschlossenen Patienten lag bei 32,4 Jahren. Der bestkorrigierte Visus betrug zu Beginn der Okklusionstherapie 0,35 logMAR und nach Okklusionstherapie 0,30 logMAR. Somit wurde ein Visusgewinn von 0,05 logMAR erzielt. Sechs Patienten (25%) wiesen einen Visusgewinn von mindestens 0,2 logMAR auf. Der Lesevisus verbesserte sich von 0,4 logMAR auf 0,3 logMAR.
Die erreichten Visusergebnisse blieben neun Monate nach Okklusionstherapie stabil. Der Visusgewinn nach 18 Wochen refraktiver Adaptation bei notwendiger Refraktionskorrektur lag bei 0,05 logMAR. Der Visusgewinnn durch einfache Korrektur des Refraktionsfehlers lag bei 0,25 logMAR.
Insgesamt war allerdings die Compliance der Patienten eher gering. Insgesamt lag die Compliance lediglich bei 17 Prozent. Nur fünf von 22 Patienten (23%) wiesen eine akzeptable Compliance mit mindestens zu 50 Prozent durchgeführter Okklusion auf. Bei Patienten mit guter Compliance wurde eine signifikant bessere Visussteigerung erreicht.
Es muss somit davon ausgegangen werden, dass im Erwachsenenalter die Durchführung einer Okklusionstherapie deutlich herausfordernder ist als bei Kindern, so die Autoren. Hauptgrund für ein Versagen der Therapie ist auch hier eine fehlende Compliance mit nicht ausreichender Okklusionsdauer.
Nur einige wenige Patienten mit akzeptabler Compliance zur Okklusionstherapie zeigten in der vorliegenden Studie eine geringe, aber signifikante Verbesserung der Sehschärfe. Der größte Behandlungserfolg wurde allerdings durch Korrektion vorhandener Refraktionsfehler mit nachfolgender refraktiver Adaptation erreicht.
(ak)