SHANGHAI (Biermann) – Zwischen AIPL1-assoziierter kongenitaler Leber-Amaurose (LCA) und früher schwerer Netzhautdystrophie (EOSRD) zeigen sich unterschiedliche klinische Merkmale und ein differierendes Variantenspektrum, wie aus einer aktuellen Arbeit hervorgeht.
Patienten mit mindestens einer Nicht-Null-Mutation (insbesondere c.152A>G und c.572T>C) weisen dabei signifikant häufiger einen milderen EOSRD-Phänotyp auf als Patienten mit zwei Null-Mutationen. Zudem deutet den Autoren zufolge, die bei den jüngsten Patienten beobachtete restliche äußere foveale Netzhautstruktur auf ein frühes Zeitfenster für eine Gen-Augmentations-Therapie hin.
In ihrer retrospektiven Fallserie erfassten die Studienautoren konsekutiv von Okt/21 bis Sep/23 51 Patienten (0,5 bis 58,4 Jahre alt) davon 27 (53 %) weiblich aus 47 Familien mit einer klinischen Diagnose von LCA/EOSRD (32 mit LCA und 19 mit EOSRD), welche krankheitsverursachende Varianten im AIPL1-Gen aufwiesen. Sie überprüften die molekulargenetischen Befunde, die Krankengeschichte und die ophthalmologische Beurteilung einschließlich der Sehschärfe, der multimodalen Netzhautbildgebung und der elektrophysiologischen Bewertung.
Die Wissenschaftler identifizierten 28 krankheitsverursachende AIPL1-Varianten, von denen 18 neu waren. Bei Patienten mit EOSRD wurde ein mittlerer Visus (Bereich) 1,3 (0,7–2,7) logMAR für das rechte und 1,3 (0,5–2,3) logMAR für das linke Auge, mit einer durchschnittlichen jährlichen Abnahme von 0,03 logMAR (R2 = 0,7547, p<0,01) ermittelt. Dabei reichte die VA bei Patienten mit LCA von der Lichtwahrnehmung bis zum Fingerzählen. Zudem berichten die Autoren, dass die optische Kohärenztomographie bei den 5 jüngsten EOSRD-Patienten und den 9 LCA-Kindern den Erhalt der fovealen ellipsoiden Zone zeigte. Die Elektroretinographie wies bei 78,6 % (11/14) der EOSRD-Patienten schwere Zapfen-Stäbchen-Muster, während bei allen für die Untersuchung verfügbaren LCA-Patienten ein klassisches erloschenes Muster dokumentiert wurde. Als häufigste Mutation ermittelten die Wissenschaftler die Nonsense-Variante c.421C>T mit einer Allelhäufigkeit von 53,9 %. Alle Patienten mit EOSRD trugen mindestens eine Missense-Mutation, von denen 13 mit c.152A>G und 5 mit c.572T>C identifiziert wurden. Sechsundzwanzig Patienten mit LCA trugen zwei Null-AIPL1-Varianten, 18 waren homozygot für c.421C>T und 6 waren heterozygot für c.421C>T mit einer anderen Loss-of-function-Variante.
(sas)